Historische Musikwissenschaft
Die Historische Musikwissenschaft ist eine empirische Wissenschaft, die auf der Grundlage überlieferter Evidenzen wahre Aussagen über Musiken der Vergangenheit anstrebt. Ob diese Vergangenheit vor 5, 10 oder 30 Jahren beginnt, kann nicht festgelegt werden. Jedenfalls reicht ihr Forschungsgebiet theoretisch bis zu 40.000 Jahre zurück - in jene Zeit, aus der die ersten Knochenflöten überliefert sind, die auf die enge Zusammengehörigkeit von Musik und menschlicher Kultur verweisen.
Inhaltlich ist sie eine Wissenschaft, die die verschiedenen Musiken unterschiedlicher Kulturen und Epochen politisch, soziologisch, ideen- bzw. ideologiegeschichtlich analysieren und interpretieren will, um der vermeintlichen semantischen Indifferenz der Musik zum Trotz Verstehenszugänge und Deutungsmöglichkeiten zu eröffnen. Dies geschieht zugleich über die Rekonstruktion der politischen Strukturen, Märkte und cultural practices, in die die Musik stets eingebunden war, sowie durch die Auseinandersetzung mit der Fremdartigkeit zeitlich fern liegender Kulturen, deren Fruchtbarkeit darin besteht, das Vertraute aus einer Perspektive in den Blick zu nehmen, die dieses Vertraute kritisch beleuchten und hinterfragen lässt.
Der Reiz der Musik, eine der sinnlichsten Künste zu sein, bedeutet für den Versuch einer wissenschaftlichen Annährung zugleich eine starke Herausforderung, denn eine semantische Deutung von Musik ist nur begrenzt möglich. Zugleich stellt der oft hochgradig emotionale Charakter von Musik aber auch eine Chance dar: Musik ist eine Schlüsselquelle für die historische Emotionsforschung.
Die Historische Musikwissenschaft behandelt Musik von der Antike bis zur Gegenwart, wobei in Köln Schwerpunkte auf der Musik des Mittelalters, der Musik des 18., 19. und 20. Jahrhunderts, der Filmmusik und auf dem Jazz liegen, doch befinden sich diese Schwerpunkte im ständigen Fluss. Die unterschiedlichen Formen von Musik historisch-kulturell verstehen zu können, erfordert zugleich, sie in Kontexten der Philosophie, der bildenden Kunst, der Literatur, des Films, des Theaters und der Wissenschaftsgeschichte zu begreifen. Besonderer Wert wird auf die Vermittlung wissenschaftstheoretischer und methodischer Kenntnisse gelegt.